Der Sommer geht langsam zu Ende
und der KUGELKOPF kehrt zurück. Die letzten Wochen hätten ruhig und entspannt
verlaufen können, wäre da nicht diese Kleinigkeit zu erledigen gewesen. Als
Selbstverleger (Neudeutsch: Selfpublisher) hat mich Amazon aufgefordert, meine
Steuerdaten bis zum 25.10.2013 zu aktualisieren, da sonst keine weiteren
Tantiemen gezahlt werden würden. Nichts leichter als das, dachte ich mir, denn
als Unternehmer führe ich seit vielen Jahren meine Bücher selbst, erarbeite
meine Steuererklärungen ohne fremde Hilfe und kenne mich deshalb in dem Metier
ein wenig aus. Weit gefehlt! Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, welche
Schwierigkeiten dabei auftreten können und wie viel Nerven mich das kosten
würde.
Nichts Böses ahnend klickte ich
das elektronische Formular auf der entsprechenden Amazon-Seite an. Die ersten
Fragen, ob ich US-Bürger und/oder in den USA steuerpflichtig sei, waren schnell
und einfach beantwortet. Da ich beides verneinte, wurde ich auf Seite 4
aufgefordert, meine persönlichen Daten einzugeben. „Wenn Sie eine Einzelperson
sind, geben Sie Ihren vollständigen Namen ein.“ stand da zu lesen und darunter „Initialen
des ersten und zweiten Vornamens“. Ja, was denn nun? Ich entschied mich für das
einfache „RALF“ beim Vornamen und trug die vier Buchstaben in das entsprechende
Feld ein, danach „KURZ“ beim Feld für den Nachnamen. Meine Adresse (Straße und
Hausnummer, Postleitzahl und Ort, Bundesland und Staat) waren bereits
voreingetragen, da Amazon diese Daten von mir bereits besitzt. Nachdem ich diese
Adresse als gültig erklärt hatte, klickte ich auf „Fortfahren“.
„Bitte berichtigen Sie Fehler, um
fortfahren zu können“ Die Meldung kam überraschend und so überprüfte ich meine
Eintragungen „RALF“ und „KURZ“. Beides war richtig geschrieben, doch dann fiel
mein Blick auf „Initialen des ersten und
zweiten Vornamens“. Aha, dachte ich, löschte meinen Vornamen und gab lediglich
ein „R“ ein, da mein zweiter Vorname bei Amazon nicht bekannt ist. Ein Klick
auf „Fortfahren“ und …
„Bitte berichtigen Sie Fehler, um
fortfahren zu können“ Das war es also nicht. Ich gab zwei Initialen ein,
klickte auf „Fortfahren“ und erhielt die Meldung: „Bitte berichtigen Sie
Fehler, um fortfahren zu können“ Ein wenig genervt setzte ich jeweils einen
Punkt nach dem entsprechenden Buchstaben, klickte abermals auf „Fortfahren“ und
… „Bitte berichtigen Sie Fehler, um
fortfahren zu können“ Dann also keine Punkte! Ich versuchte es mit Leerzeichen
- „Bitte berichtigen Sie Fehler, um fortfahren zu können“ – mit Kommas - „Bitte
berichtigen Sie Fehler, um fortfahren zu können“ – mit Kleinbuchstaben - „Bitte
berichtigen Sie Fehler, um fortfahren zu können“ – schrieb beide Vornamen aus -
„Bitte berichtigen Sie Fehler, um fortfahren zu können“ – kehrte zur vorherigen
Seite zurück und versuchte es erneut. Jede meiner Eingaben wurde mit „Bitte
berichtigen Sie Fehler, um fortfahren zu können“ quittiert.
Ich fuhr nicht fort, sondern
langsam aus der Haut. Vor Ärger vor mich hin grummelnd überprüfte ich alle
Angaben. Ab und zu war die Meldung aufgetaucht: „Es dürfen nur Buchstaben,
Ziffern und die Sonderzeichen & - , ' / # . % verwendet werden.“ Ich hatte
jedoch kein einziges Zeichen verwendet, das diesen Anforderungen widersprochen
hätte. Nach einer Stunde schließlich gab ich auf. Ich hatte es nicht geschafft,
meinen Namen auf eine Art einzugeben, die das Programm bewogen hätte
fortzufahren. Um Hilfe bittend wandte ich mich in einer eMail an Amazon und
schilderte mein Problem, das genau betrachtet eigentlich ein Problem von Amazon
war. Einen Tag später erhielt ich eine eMail mit folgender Antwort: „Leider kann
ich Ihrer E-Mail nicht entnehmen, welche Fehlermeldung Sie konkret erhalten.“
Nur mit Mühe gelang es mir, nicht
in die Kante meines Schreibtischs zu beißen. Ich klickte auf „Antworten“ und
schrieb eine neue eMail, in der ich ganz ausführlich über mein Problem
berichtete. Als ich sie absenden wollte, klärte mich web.de darüber auf, dass
die eMail-Adresse ungültig sei und die Antwort nicht verschickt werden könne.
Aarrgghhh!!!
Es dauerte einige Minuten, bis
Puls und Blutdruck wieder ihr normales Niveau erreicht hatten, doch dann
lächelte ich grimmig. So leicht wollte ich mich nicht geschlagen geben! Angriffslustig
rief ich die Amazon-Seite wieder auf und versuchte mich erneut an der Eingabe
meines Namens für die Steuerdaten. Das Ergebnis war niederschmetternd, denn die
Prozedur wiederholte sich auf die gleiche Weise wie zwei Tage zuvor. Ich schaffte
es wieder nicht, meinen Namen auf eine Weise einzugeben, die das Programm
akzeptieren wollte. Es verging eine weitere Stunde, bis ich schließlich die
weiße Fahne hisste.
Die eMail von Amazon endete folgendermaßen:
„Habe ich Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet?“ Für beide Varianten JA
oder NEIN gab es jeweils eine Internetseite, die im betreffenden Fall
anzuklicken wäre. Im Bewusstsein meines Scheiterns klickte ich also die
entsprechende Seite an und schilderte mein Problem erneut. Der Tag ging, doch
es kamen weder Johnny Walker noch eine Antwort, auch nicht am zweiten Tag,
nicht am dritten und nicht am vierten …
Keine Steuerdaten bedeuteten auch
keine zukünftigen Tantiemen mehr. Amazon antwortete nicht und ich hatte das
Problem noch immer nicht gelöst. Mit wenig Zuversicht setzte ich mich an meinen
alten Rechner, der ebenfalls über eine Internetverbindung verfügt, doch ihm
gelang es nicht einmal, die gewünschte Seite aufzubauen, während mein Notebook
daneben stand und mich hämisch anzugrinsen schien. Aufgeben ist keine Option,
dachte ich und ließ bedrohlich die Gelenke meiner Finger knacken. Meine
Mordlust in den Hintergrund drängend startete ich den dritten Angriff. Das Durchklicken
ging sehr schnell, denn ich kannte die entsprechenden Fragen und Antworten
bereits. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis ich die Seite „Persönliche Angaben“
erreichte – und vermutlich ahnen Sie bereits, was dann der Eingabe meines
Namens folgte: „Bitte berichtigen
Sie Fehler, um fortfahren zu können“. Kein Vorname und keine Initialen waren
gut genug, um fortfahren zu können. Das Blut rauschte in meinen Ohren und meine
Kiefer hatten zu mahlen begonnen. Mit dem letzten Rest Gelassenheit, den ich
noch aufbringen konnte, überprüfte ich jede einzelne Angabe, auch die, die vom
Programm bereits vorgegeben waren. Nichts, keine Fehler, alles korrekt! Ich
wandte mich ab und dachte nach … dachte nach … dachte nach … und vor meinem
inneren Auge erschien plötzlich wieder die Erklärung: „Es dürfen nur
Buchstaben, Ziffern und die Sonderzeichen & - , ' / # . % verwendet
werden.“
Plötzlich traf mich die
Erkenntnis mit der Wucht von Thors Hammer. In einem vom Programm selbsttätig
ausgefüllten Feld stand der Name des Bundeslandes, in dem ich wohne:
BADEN-WÜRTTEMBERG. Mit einer Sicherheit, die den Tiefen des Instinkts entsprang
und die keinen Raum für Zweifel ließ, wusste ich plötzlich, dass ich die Lösung
gefunden hatte. Amazon ist ein amerikanisches Unternehmen und dort hat man kein
Verständnis für das „Ländle“! Mit zitternden Fingern setzte ich mich wieder an
meinen Schreibtisch und ersetzte das „Ü“ durch „UE“: BADEN-WUERTTEMBERG. Es
kam, wie es kommen musste. Ich klickte auf „Fortfahren“ und die nächste Seite
öffnete sich in Sekundenschnelle. Zu Tränen gerührt verabschiedete ich mich von
der antiquierten Vorstellung, das „Ü“ könnte ein ganz normaler Buchstabe sein.